Der politische Theoretiker und die Institutionen
Dieser Artikel ist eine Reaktion auf eine kürzliche Twitterdiskussion, ist also aus dem Stoff des Gegenwartsjournalismus.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Denker#/media/Datei:Mus%C3%A9e_Rodin_1.jpg9
Die Frage nach Wert und Unwert der politischen Theorie kam wieder einmal auf. Der traurige zustand der politischen Theorie wurde festgestellt, und die Forderung nach vollbezahlten politischen Theoretikern im Rechten Lager wurde erneut einmal erhoben. Mit der letzteren Forderung kann ich mich aus persönlichem Interesse natürlich gut anfreunden, doch bevor die Bundestagsfraktion der AfD auf den Gedanken kommt, mir einen Arbeitsvertrag als politischer Philosoph anzubieten, sehen wir uns doch einmal an, was politische Theorie überhaupt ist, was sie leisten kann und was sie nicht leisten kann.
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Als ich anfing auf Substack zu schreiben, begann ich mit einer Rechenschaft zur Frage, worüber ein politischer Theoretiker reden und wozu er lieber schweigen sollte. Jedoch scheint es wichtig, überhaupt erst einmal das Wort „politische Theorie“ zu klären. Darunter wird nämlich einiges durcheinander gewürfelt.
Im akademischen Betrieb firmiert „Politische Theorie“ als Teilgebiet der Politikwissenschaft. Wer einmal eine der Aufteilungen des Fachgebietes gesehen hat, wie sie Erstsemesterstudenten vorgestellt werden, der weiß, daß die „politische Theorie“ dort unter die „normative Politikwissenschaft“ gerechnet wird und zwar als einziges Teilgebiet des Faches. Alle anderen Teilgebiete fallen unter die „empirische Politikwissenschaft“. Die politische Theorie befasst sich gemäß akademischer Einteilung also nicht mit der Beschreibung dessen, wie Politik ist, sondern ihre Aufgabe besteht in der Feststellung dessen, wie Politik seien soll. So zumindest die akademische Einteilung.
Diese Einteilung scheint mehr zu sein, als die bloße Willkür universitärer Verwaltungsstrukturen, jedenfalls beobachte ich, daß der Spalt, der in den Universitäten die politischen Theoretiker von den empirischen Forschern trennt, sich in der kleinen Welt dissidenter rechter Politikwissenschaft wiederholt. Empirische Politikwissenschaftler, das sind in der dissidenten Rechten fast ausschließlich Wahl- und Parteienforscher, für alles andere gibt es keine ausreichende Nachfrage, reagieren oft mit einer Mischung aus Belustigung und Genervtheit auf Programmentwürfe und neuerfundene -Ismen, deren Kategorien sich nicht recht mit den Realitäten der Demoskopie und gesellschaftlichen Milieuforschung in Übereinstimmung bringen lassen.
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