Zu den Absonderlichkeiten des Star-Wars Universums gehört, daß die Prequel-Trilogie die Generation der Eltern beschreibt, doch die Generation der Kinder darstellt.
Anakin Skywalker und Padmé Amidala sind die Eltern von Luke und Leia, ihre Charaktere entsprechen aber den späten Gen-Xern und ersten Millenials. Luke, Leia und auch der 13 Jahre ältere Han Solo, waren die damals noch jungen Boomer. Ja, Han Solos Darsteller, Harrison Ford, ist inzwischen 80 Jahre alt.
Es ist eigentlich eine Banalität zu bemerken, daß die über 20 Jahre ältere Originaltrilogie, wie die jüngere Prequeltrilogie, beide Kinder ihrer je eigenen Zeit sind. Das läßt sich kaum vermeiden, wenn die Geschichte, die eine Generation zuvor gespielt haben soll, eine Generation danach geschrieben wird.
So ist die Originaltrilogie unverkennbar ein Produkt des damals noch triumphalen, antitotalitären Selbstverständnisses der Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie wurde zur selben Zeit gedreht, in der Ronald Reagan die Sowjetunion als „Empire of Evil“ bezeichnete.
Ob das Imperium mehr an das Dritte Reich, oder an die Sowjetunion angelehnt ist, darüber ist schon deshalb müßig zu debattieren, weil es zu holzschnittartig gezeichnet ist. Es ist die filmische Umsetzung der Totalitarismustheorien, einer Epoche, die allen Ernstes in politikwissenschaftlichen Lehrbüchern die politischen Systeme in Demokratien und Totalitarismen unterteilte. Die Rebellen sind dagegen das heroisiertes Selbstbild des demokratischen Westens, freilich als Underdog dargestellt, weil es sich damit besser mitfiebert.
Von dieser Selbstgewissheit ist in den Prequels nicht viel zu spüren, die nicht nur eine marode und korrupte Republik zeigen, sondern in ihrem Helden Anakin Skywalker auch daran verzweifeln, warum man sich überhaupt für dieses System einsetzen sollte.
Tiefer gräbt man, wenn man sieht, daß Star Wars die Abwege des Erwachsenwerdens, jenseits der Sicherheit traditioneller Muster aufzeigt. Als er über Yavin den ersten Todesstern zerstört, ist Luke Skywalker gerade einmal 19 Jahre alt, Han Solo ist 32. Das Schema der jugendlichen Helden, die die Welt, oder gar die ganze Galaxie, retten müssen, ist heutzutage das häufigst gebrauchte aus dem Standardrepertoire der Fantasy- und Sciencefictionliteratur.
Star Wars hat das, wenn nicht erfunden, so doch zum ersten Mal in großem Stil herausgebracht. In diesen Geschichten fallen Erwachsenwerden und Weltrettung zusammen. Bereits dies mag man als pathologisch betrachten, aber dieses Erzählungsschema ist eines der herausragendsten Symbole des letzten halben Jahrhunderts, einer Zeit, in der das Erwachsenwerden jenseits der Berufsausübung und des Steuerzahlens in einem nie zuvor für möglich gehaltenen Maße optional war.
Dieses Thema kann man in Highschool-Dramen und Studentenerzählungen behandeln. Sachlich trifft man damit die Friedensrealität des Westens der letzten fünfzig Jahre besser. Die Verlegung des Themas in eine nicht nur gewalttätige, sondern vor äußersten Entscheidungen stehenden Welt ist die Projektion eines Abwesenden. Etwas, daß die Boomer nur aus den Weltkriegserzählungen ihrer Eltern, die Jüngeren, nur aus denen ihrer Großeltern, wenn nicht gar nur aus dem Geschichtsunterricht kennen. Die Väter und Großväter waren tatsächlich im Alter zwischen Han und Luke eingezogen und an die Front geschickt worden.
Das Erwachsenwerden dieser jugendlichen Helden ist auf der einen Seite dem ihrer realen Vorbilder nachgebildet. Es entspricht nicht dem einer früheren Zeit, noch sind in diesen Geschichten die fiktiven Gesellschaftsverhältnisse einer späteren Epoche in fantastischer Ausmalung vorweggenommen. Es sind Boomer, Gen-Xer und Millenials, die uns hier in ihren typischen Formen begegnen. Durch die fantastische Erzählung werden diese Gestalten in die Gefahr geworfen. Wie überzeugend einem Autor diese Übertragung gelingt, entscheidet wesentlich über die Qualität von Buch, oder Film.
Durch die Gefahr erst erhält das Erwachsenwerden den Charakter der Initiation. Das Wort Initiation wird gerne von allen möglichen Gurus gebraucht und meint dann irgendeine Art übernatürlicher Einsicht. In Urvölkern hat es aber eine andere und ursprünglichere Bedeutung. Jungen, die die Grenze zum Mannesalter überschreiten müssen den sicheren Raum des Dorfes verlassen und sich den Gefahren stellen, von deren Existenz sie als Kinder vielleicht auf einer abstrakten Ebene wussten, Vater und Onkel sind auf die Jagd, oder gar in den Krieg gezogen, die aber nicht zu ihrem Erleben gehörten.
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