Richard Spencer war der erste Dissident der Neuen Rechten. Aus Desillusionierung über Trump wechselte er die Seiten. Heute kann er sagen: „Told you so.“
(Richard Spencer: https://x.com/RichardBSpencer)
Um eines vorneweg zu sagen: Es wird hier nicht um die Richard Spencer und seine persönlichen Motive gehen. Spencers Bedeutung liegt darin, daß er der erste und sicherlich bedeutendste der „Renegaten von Rechts“ ist. Denjenigen rechten Vordenkern, die der Rechten unter dem Eindruck des real existierenden Rechtspopulismus den Rücken gekehrt haben. Wenn mir jemand Spencers tatsächliche oder vermeintliche Charakterfehler vorhalten will, oder die immer wieder geäußerte Vermutung vorbringen sollte, Spencer sei in Folge der desaströsen Demonstration von Charlottesville von den Sicherheitsdiensten umgedreht worden, bitte schön.
An dieser Stelle kommt es nicht darauf an. Sollte Spencer tatsächlich ein bezahlter Verräter sein, dann wäre das umso peinlicher für die Rechte, daß dieser Mann der Masse der Bewegung um sieben bis acht Jahre voraus war. Der Rechtspopulismus ist radikal gescheitert. Die ersten Monate der neuen Präsidentschaft Trump haben die letzten Zweifel darüber vertrieben. Und sowenig es hier um die Person Richard Spencers geht, sowenig geht es um die Person Trumps allein. Es ist nicht so, als ob Trump durch persönliche Verfehlungen eine eigentlich vernünftige politische Richtung in Verruf gebracht hätte. Meloni oder Wilders sind keinen Deut besser. Bei Farage und Le Pen ist sehr absehbar, daß sie nicht anders wären, sollten sie an die Regierung kommen. In Deutschland verhindert bis jetzt die Brandmauer ähnliche Experimente. Trumps zweite Amtszeit ist nicht die erste, sondern die letzte Chance des Rechtspopulismus. Als er mit seinem neuen Team ins Weiße Haus einzog, konnte man noch einmal hoffen, das aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt worden war. Wichtiger noch, daß ein solcher Lernprozess innerhalb des rechtspopulistischen Paradigmas überhaupt möglich ist.
Der Start nach der Amtseinführung konnte über die Mängel noch hinwegtäuschen. Zumindest waren dieses Mal eine Reihe von Verordnungen unterschriftsreif vorbereitet worden. Der Hauptgrund für die gute Stimmung des Februars war aber das Department of Government Efficiency. Die radikalen Kürzungen im Budget von USAID und anderen Regierungsorganisationen und Halbregierungsorganisationen, von denen sich auf einmal herausstellte, daß sie mit dem Geld des amerikanischen Steuerzahlers rund um den Globus die aberwitzigsten linken Kulturkampfprojekte finanzierten. Doch DOGE ist das Kind von Elon Musk, nicht von Donald Trump. Und Musk bespielt den Rechtspopulismus, manchmal mehr schlecht als recht, doch er ist kein Rechtspopulist, sondern ein Technologieunternehmer. Er ist sicher die interessanteste Figur der derzeitigen US-Politik, doch das würde hier zu weit führen.
Das radikal neue an DOGE war der Einsatz von künstlicher Intelligenz, um die Zahlungsflüsse innerhalb der metastasierenden Verwaltung wieder nachvollziehbar zu machen. Die populistische Rechte hatte damit nichts zu tun. Gar nichts. DOGE ist das Werk von Silicon Valley. Die Reform des Staatsapparates mithilfe künstlicher Intelligenz ist auch überhaupt nichts, das irgendeinem politischen Lager gehört. Dem rechten schon gar nicht. Es ist reiner Zufall, daß diese Reformen jetzt in den Vereinigten Staaten, also an prominenter Stelle, unter Donald Trump begannen. In England macht sich Tony Blair seit Jahren dafür stark. KI-Unterstütztes Regieren kommt, unabhängig von der jeweiligen Regierung, einfach weil die möglichen Effizienzsteigerungen es erzwingen.
Was seit Januar passiert ist, sollte aber auch den hartgesottensten Trumpunterstützer eines besseren belehrt haben. Sollte, wenn das Phänomen Trump nicht inzwischen ein ganzes Ökosystem von Influenzern geschaffen hätte, deren Lebensunterhalt davon abhängt, daß im Zirkus MAGA die Clownskapelle weiterspielt. An dieser Stelle kann ich Sie nur noch einmal bitten zu ein Vollabonnement abzuschließen, wenn Sie wollen, daß Fragen zur Zeit von solch einem Zirkus unabhängig bleiben kann.
Daß der Ukrainekrieg nicht am ersten Tag beendet wurde, geschenkt. Aber wir haben seither gesehen, daß Trump und seine Regierung offenbar eine völlig falsche Vorstellung von ihrer eigenen Verhandlungsposition hatten.
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